Islam und Gewalt

Die Schöpfungsgeschichte ist auch der Ausgangspunkt des Islam: Am Anfang war Friedfertigkeit und Gewaltverzicht.  Der erste  und Mord der Geschichte geschieht gegen einen friedlichen Menschen (Abel), der zu seinem böswilligen Bruder (Kain) sagt: „Wenn Du auch deine Hand gegen mich ausstreckst, um mich zu erschlagen, so werde ich nicht meine Hand gegen dich ausstrecken, um dich zu erschlagen. Ich fürchte Allah, den Herrn der Welten.“ (5: 29)  Und genau in diesem Zusammenhang lesen wir den berühmten Vers, der als Richtschnur für die gesamte Menschheit gelten soll: „Aus diesem Grund haben wir den Kindern Israels vorgeschrieben, daß wenn einer jemanden tötet, nicht (aus Rache) für jemanden oder (zur Strafe für Unheil) auf der Erde, es so sein soll, als ob er die Menschen alle getötet hätte. Und wenn einer jemanden am Leben erhält, soll es so sein, ob er die Menschheit alle am Leben erhalten hätte.“ (5: 32). Ziel der Schöpfung ist das Leben und nicht der Tod. Kain wird sich seinem Verbrechen bewußt und bleibt unbestraft. Der Koran läßt sich nicht mit dem Neuen Testament. Vielmehr sollte man den Islam als Fortsetzung der Tradition des Alten Testaments verstehen. So lassen sich auch interessante Vergleiche hinsichtlich der Frage von „Gewalt“ und „Strafe“ ziehen. Was die Frage der Anerkennung anderer Religionen angeht, so ist der Vergleich mit dem Neuen Testament auch von Bedeutung.

Islam ist nicht die einzig wahre Religion

Koran ist  im Vergleich zu Bibel, das einzige Buch, in dem auch andere Religionen anerkannt werden. Islam sieht sich als die vollkommenste Religion: „Ihr seid die beste Gemeinschaft, die unter den Menschen entstanden ist“ heißt es im Koran (3: 110), dennoch werden die Muslime nicht als „auserwähltes Volk“ angesehen; dieses Privileg gilt eingeschränkt: „Ihr gebietet, was recht ist, verbietet, was verwerflich ist, und glaubt an Gott. Wenn die Leute der Schrift (ebenfalls) glauben würden (wie ihr), wäre besser für sie.“ (ebda) Daraus ergibt sich nicht Bekehrung zum Islam, sondern die Suche nach einer Gemeinsamkeit. Und damit die Muslime es richtig begreifen und nicht hochmutig werden, heißt es drei Verse später über die nichtislamischen Schriftvölker: „Sie sind nicht (alle) gleich. Unter den Leuten der Schrift gibt es eine Gemeinschaft, die (andächtig im Gebet) steht, die zu (gewissen) Zeiten der Nacht die Verse Gottes verlesen und sich dabei niederwerfen. Sie und wetteifern  (im Streben) nach guten Dingen. Die gehören zu den Rechtschaffenen. Für das, was sie an Gutem tun, werden sie nicht Undank ernten. Und Gott weiß Bescheid über die, die ihn fürchten.“ (3: 114-116). Mit dem letzten Satz wird den Muslimen die Möglichkeit aus der Hand genommen, über andere Völker eigenhändigen zu urteilen. An anderer Stelle werden die „Völker der Schrift“ aufgefordert, die gemeinsame Basis zu suchen:  „Sag: Ihr Leute der Schrift! Kommt her zu einem Wort des Ausgleichs zwischen uns und euch! (einigen wir uns darauf) daß wir Gott allein dienen und ihm nichts (als Teilhaber) an seiner Göttlichkeit beigesellen, und daß wir uns nicht untereinander an Gottes Statt zu Herren nehmen. Wenn sie sich aber abwenden, dann sagt: „Bezeugt, daß wir (Gott) ergeben sind.“ (3: 65).  Der Koran nimmt Jesus gegen Juden, die damit prahlten, ihn getötet zu haben in Schutz. Und während für Mohammad ein normaler Tod vorausgesagt wird, spricht Koran nicht vom Tod Jesu. Vielmehr habe Gott ihn zu sich gerufen: „ „.Sie haben nicht mit Gewißheit getötet. Nein, Gott hat ihn zu sich (in den Himmel) erhoben.“ (4: 157-158)

Eine solche Einstellung gegenüber Andersdenkenden ist keine Selbstverständlichkeiten, wenn man bedenkt, daß  die offizielle  Kirche Jahrhunderte lang  den Islam nur als eine „irregeleitete Sekte“ bezeichnete, die den Namen einer Religion nicht verdient

Ein Gott für alle Menschen

Das Gottesbild des Islam ist universell. Allah ist weder Gott eines bestimmten Volkes (wie Jahwe bei Juden), noch bekommt er islamspezifische Besonderheiten (Vater, Sohn, Heiliger Geist bei Christen). Mohammad bleibt ein normaler Mensch ohne göttliche Züge. Allah ist Schöpfer aller gläubigen und ungläubigen Menschen. Der Kampf von Göttern nimmt spätestens im Islam ein friedliches Ende.  Allah versteht sich als Gott der Israeliten, Christen und Muslimen.  Koran beginnt mit dem Vers: „Aller Preis gehört Allah, dem Herrn der Welten.“ (1,1) und endet mit der Aufforderung: „Sprich: ich nehme meine Zuflucht beim Herrn der Menschen.“ (114,1) Gerade diese Universalität gab den Islam die Stoßkraft von fremden Völkern akzeptiert werde, den sie hatten nicht das Gefühl einen „arabischen Gott“ anzubeten.

Verantwortung des Einzelnen statt Kollektivschuld

Je  reifer und aufgeklärter der Mensch in seiner geschichtlichen Entwicklung wurde, desto mehr zog sich  in der Religionsgeschichte Gott als „allmächtiger Scharfrichter“ zurück. Die menschliche Emanzipationsgeschichte spiegelt sich in Heiligen Büchern wieder: Das alttestamentarische Prinzip der Kollektivschuld, das auch ansatzweise in das Neue Testament wiederzufinden ist, wird im Koran durch „individuelle Verantwortung“ ersetzt. Jeder Mensch haftet für seine eigenen Taten; und er wird nicht  wegen der Schuld seiner Großeltern zur Rechenschaft gezogen. Bestraft werden nur strafmündige Menschen, aber nicht ganze Völker. Kämpfe und Gewalthandlungen finden zwischen Soldaten statt. Vernichtung und Verbrennung ganzer Städte samt Bevölkerung, Frauen, Kinder und Viehbestand kommt nicht vor.

Mohammad wird wiederholt aufgefordert, integrationsunwillige Ungläubige in Ruhe zu lassen.  „Ermahne sie, denn Du bist ein nur ein Ermahner. Du bist kein Wächter über sie“ (88: 21-22)

Gott habe dem Menschen Augen und Ohren gegeben, um zu unterscheiden. Darum kann man ihm keinen Glauben aufzwingen: „Es gibt keinen Glaubenszwang, denn wahrlich ist nun  Wahrheit von Irrtum unterscheidbar…“ (2: 257) Der Mensch ist selbst verantwortlich, welchen Weg er einschlägt: „Haben wir ihm nicht zwei Augen gegeben. Und eine Zunge und zwei Lippen? * Dann haben wir ihm die beiden Hauptwege (zum Guten und Bösen) gezeigt …“ (90: 9-11) Was den Verzicht auf weltliche Strafen angeht,  übernimmt der Koran die Tradition des Neuen Testaments: Die weltliche Bestrafung wegen vieler „Sünden“ findet nicht gleich in dieser Welt (Altes Testament) statt, sonder wird zu  Angelegenheit Gottes gemacht und auf unabsehbare Zeit vertagt. Es verwundert den Koranleser,, daß dieses Buch im Gegensatz zum Alten Testament für Verstöße gegen Fasten, Kleidervorschriften, Trinken und Essen von verbotenen Sachen (z. B. Alkoholkonsum und Essen von Schweinefleisch), Beschneidung, und viele andere „privaten“ Sünden keine weltlichen Strafen vorsieht.

Ein Mindestmaß für die  Todesstrafe

Die zahlreichen „Todessünden“ der Bibel (Altes Testament)  werden im Koran  auf zwei  Delikte nämlich Mord und „schweren Landfriedensbruch“ فساد فی الرضreduziert. Todesstrafe für zwei anderen oft zitierten Delikte (Ehebruch und Abfall vom Glauben) kommt im Koran nicht vor. Diese wurden später aus „Hadith“ (Überlieferungen) abgeleitet.

Das Wort Steinigung als Strafmethode kommt kein einziges Mal im Koran vor. Es ist der Teufel, der immer wieder als „gesteinigt“ رجیم bezeichnet wird. Ehebruch wird mit 100 Peitschenhieben geahndet (24: 2-3) Allerdings wird in Shariat die Beweisführung so streng gehalten, dass sie fast unmöglich erscheint: vier glaubwürdige Zeugen müssen „die Vereinigung der Geschlechtsorgane“ mit eigenen Augen beobachtet haben, oder müssen die „Täter“ an mehreren Tagen freiwillig ein Geständnis wiederholen. Nach Meinung mancher islamischen Gelehrten haben jüdischen Neumuslime in der islamischen Urgemeinde durch zweifelhafte Überlieferungen die „Steinigung“ aus der Thora in die islamische Tradition übertragen. Daß die „Steinigung“ für Unzucht nicht auf Koran zurückgehen kann, wird von Kommentatoren mit Hinweis auf eine Koranstelle begründet, in der die Bestrafung von Sklavinnen wegen benannt: „… sie sollen die Hälfte der Strafe erleiden, die für freie Frauen vorgeschrieben ist.“ (4: 26). Bekanntlich kann man eine „halbe“ Todesstrafe nicht vollstrecken!

Die Bestrafung wegen Glaubenswechsels wird zu Gottessache gemacht; In den oft zitierten Versen 86 bis 91 der Sure 3 wird ausführlich über verschiedene Formen der Apostasie gesprochen, aber ihre Bestrafung wird auf das jüngste Gericht vertagt: Sie erleben „Fluch Gottes und der Engel und der Menschen“ ….  Und „eine schmerzhafte Strafe haben sie zu erwarten.“ Die Tötung der Apostaten geht auf eine Überlieferung bei Buchari zurück und hat keine koranische Grundlage. Es muß auch berücksichtigt werden, daß damals Apostasie mit Kampferklärung gegen die islamische Gemeinde und Überlaufen zum Feind gleichgesetzt wurde.

Auf Mord  steht die Todesstrafe. Diese Strafe trifft jedoch nur den Täter selbst, nicht seine Familie, seine Sippe oder seinen Stamm. Die Angehörigen des Ermordeten dürfen von ihrem strikten Recht ablassen und Blutgeld verlangen (2:178). Der Richter oder die Regierung können in diesem Fall den Angehörigen ihre Entscheidung nicht vorschreiben.

Die willkürliche Tötung (ohne Selbstverteidigung oder Wiederherstellung der Gerechtigkeit) wird im Koran verurteilt. Selbstmord ist  verboten. (2: 196)

„Tötet sie, wo ihr sie findet!“

Schweres Kopfzerbrechen (auch den aufgeklärten Muslimen) breiten zahlreiche Koranstellen, in denen Härte gegen „Feinde des Islam“ gepredigt werden. Gerade in den letzten Jahren werden diese Verse mit Vorliebe von Kritikern zitiert und zum zentralen Dreh– und Angelpunkt der Beurteilung der Gewalt im Islam erhoben. Nicht selten wird der Unterschied zwischen Christentum und Islam auf zwei Gebote reduziert: hier „liebet eure Feinde!“ und dort „tötet sie, wo ihr sie findet!“ Das Hauptproblem liegt im Vergleich zwischen zwei Religionen, die von ihrer Entstehung her miteinander nicht vergleichbar sind. Es wäre so, als wollte man Buddha und Mao Tse Tung  miteinander in Beziehung setzen! Jesus verstand sind als Messias und hatte nie den Anspruch ein neues System zu gründet. (John:18,36) Er war ein Wanderprediger, der höchstens drei Jahre seine Lehre verkündete.

Mohammad erduldete 13 Jahre in Mekka Verfolgung, Verachtung und Beschimpfung seiner Gegner. Er wollte aber kein Märtyrer sein, und wanderte nach Medina aus. Dort hatte er nichts anderes im Sinn, als die Gründung eines alternativen Gesellschaftssystems. Von seiner religiösen Mission einmal abgesehen, vollzog sich zur damaligen Zeit ein revolutionärer Prozeß der Staatenbildung. Aus zersplitterten arabischen Stämmen mit zahlreichen Göttern und Götzen wurde ein einheitliches Volk, das sich als dritte Kraft neben Byzanz und Persien behauptete. Daß ein solcher Prozeß mit Gewalt und einhergeht, ist nicht eine Besonderheit des Islam.  Von den 23 Jahren der Verkündung verging etwa 1/3 der Zeit mit kriegerischen Auseinandersetzung. Es scheint, daß es Muslimen anfänglich nicht gestattet war, zur Waffe greifen.  Die Erlaubnis gegen die Unterdrückung mit Waffe vorzugehen, ist wohl als „ultima ratio“  erteilt worden. „Erlaubnis ist denen gegeben, die bekämpft werden, weil ihnen Unrecht geschah …, die unberechtigterweise aus ihren Häusern vertrieben wurden … “  (22: 39,40) Eine Erlaubnis wird ja erteilt, wenn es sie vorher nicht gegeben hat. Alle gewaltsamen Handlungen dieser 8 Jahre zwischen Muslimen und deren Gegnern schlugen sich im Koran nieder. Friedliche Muslime sollen nicht mit aller Kraft versuchen, diese Gewaltanwendungen als „Verteidigung“ zu rechtfertigen. Die Feldzüge der Muslime nach dem Tode Mohammads gegen Persien und Palästina waren gewiß keine Verteidigungskriege.

Es stellt sich aber die entscheidende Frage, ob die Aufforderungen zur Gewalt im Koran für die damaligen konkreten Situationen bestimmt waren, oder auf alle Zeiten angewandt werden können. Wer sind heute z.B. „Götzendiener“, „Ungläubige“ oder „Heuchler“? Im Koran gibt es auch eine Reihe von Vorschriften zur Behandlung von Sklaven, aber Sklaven in damaliger Form gibt es heute nicht mehr; genauso findet man heute auch die im Neuen Testament oft genannten „Pharisäer“ nicht als eine gesellschaftliche Gruppe.

Aristoteles hatte die Sklaverei damit gerechtfertigt, daß manche Menschen zum Dienen und andere zum Herrschen geboren werden. Kein Philosoph kommt heute auf die Idee dieses Prinzip als untrennbaren Bestandteil der aristotelischen Philosophie zu verstehen. Das gleiche gilt auch für die Heiligen Schriften. Sie sind „Wort Gottes“, aber gesprochen in menschlicher Sprache unter „bestimmten Bedingungen“.

Die meisten muslimischen Theologen beurteilen die kriegerischen Verse des Koran nur in ihrem historischen Kontext. „Anlässe der Offenbarung“ (اسباب النزول) gehört seit Jahrhunderten zu den Grundinstrumenten der islamischen Koranexegeten.  Eine der von Islamkritikern oft zitierte Stelle ist z.B. Vers 192 der Sure 2: „Und tötet sie, wo ihr immer auf sie stößt ….“  Wenn man sich von Urteilen islamischer Fundamentalisten und festgefahrenen Ansichten mancher Islamkritiker freimacht, sieht man den wirklichen „Anlaß der Offenbarung“ dieses Verses im Zusammenhang mit einem einmaligen historischen Ereignis:

Am 13. März 628 beschloß Mohammad nach einem Traum zum ersten Mal nach 6 Jahren von Medina nach Mekka zu pilgern. Die Mekkanischen Götzendiener behinderten in Hodeibieh حدیبیه die Muslimen an der Weiterfahrt. Es kam zu zähen Verhandlungen mit dem Ergebnis, die Muslime dürfen ein Jahr später nach Mekka pilgern; und es wird ein zehnjähriger Frieden beschlossen. Im März 629 fand vertragsgemäß die Pilgerfahrt statt. Muslime sollten nur mit leichten Waffen reisen, drei Tage in Mekka weilen und sich die Gegner sich in die Umgebung der Heiligen Moschee zurückziehen. Agenten brachten aber vor der Pilgerfahrt die Nachricht,  die „Ungläubigen von Mekka“ hätten geplant, die Muslime in der Heiligen Moschee anzugreifen. Es herrschte unter Muslimen und Götzendienern der Konsens, daß Kampfhandlungen in der Heiligen Moschee verboten sind. In dieser Situation wurde dieser Vers offenbart:

Und tötet sie, wo ihr immer auf sie stößt, und vertreibt sie von dort, wo sie euch vertrieben. Bekämpft sie aber nicht bei der Heiligen Moschee, solange sie euch dort nicht angreifen. Doch wenn sie euch angreifen, dann kämpft wider sie; das ist die Vergeltung für Ungläubigen. Wenn sie jedoch Ablassen, dann ist Allah allvergebend, barmherzig.“ (Sure 2, 192)

Muslime haben in den darauf folgenden Jahrhunderten diesen und zahlreiche ähnliche Verse nie als eine generelle Aufforderung für den Kampf gegen Nichtmuslime verstanden. Jahrzehnte lang waren islamische Länder direkte Kolonien der europäischen Christen. Muslime erduldeten Demütigung und Unterdrückung von fremden Eindringlingen, handelten aber nicht nach dem  Gebot  „tötet sie, wo ihr sie findet!“   Es gibt heute eine seltsame Allianz zwischen zwei Gruppen, die an einer universellen Deutung solcher Verse festhalten. Es sind: Islamische Gewalttäter auf der einen Seite und politische Mächte auf der anderen Seite, die ihr Feindbild nicht verlieren wollen.

Der Westen hat kaum Interesse an einer Stärkung der vernunftorientierten und mäßigen islamischen Kräfte. Wenn fundamentalistische Muslime wegfallen, hat man keine Anlässe mehr für die Durchsetzung einer Hegemonialpolitik. Muslime sollten aber auch in dieser Hinsicht keine Entwicklungshilfe erwarten. Sie selbst müssen für die Reinigung ihres Glaubens und Reformen arbeiten.

Islam, Politik und Gewalt

Heute herrscht im Westen die Meinung, daß Islam und Politik  nicht voneinander zu trennen sind, und daraus zwangsweise eine geeignete Mischung für die Gewalt entsteht. Wer so urteilt, hat sich weder mit der islamischen, noch der christlichen Geschichte gründlich befaßt. Die einmalige und einzigartige Einheit zwischen Politik und Religion gab es nur unter Mohammad selbst. Kurze Zeit nach seinemTod trennten sich die weltliche von der göttlichen Macht. Islamische Kalifen und Sultane einerseits und Muftis und Religionsgelehrte andererseits lebten Jahrhunderte lang in einer friedlichen Koexitstenz  nebeneinander. Sunnitische Muftis und schiitische Ayatollahs duldeten die Sultane und Schahs, wenn sie nicht offensichtlich gegen islamische Vorschriften vorgingen, und die weltlichen Herrscher hatten keinen Grund, die Gelehrten zu provozieren. Auch hatten die Gelehrten selbst kein Interesse an direkter Machtausübung. Unter den Schiiten wurde sogar dieses Desinteresse damit begründet, daß erst der verborgene Imam Mahdi nach seinem Erscheinen berechtigt ist, einen islamischen Staat auszurufen. „Der Gottesstaat“ war eine Erfindung des Christentums, und eine annährend ähnliche Allmacht der  Päpste gab es nie in der islamischen Welt. Das Werk „De civitate Die“ (Über den Gottesstaat) wurde um 420 von Aurelius Augustinus geschrieben und nicht von einem islamischen Theologen. Mohammad vertraute seiner engsten „weltlichen“ Gefolgschaft sein Erbe an und bestimmte bewußt keinen „göttlichen“ Nachfolger. Die vier nach ihm folgenden „Großkalifen“ wurden nach altem arabischen Brauch von  Honoratioren gewählt. Im Christentum verlief der Prozeß umgekehrt: Jesus wollte kein irdisches Reich, aber in seinem Namen wurden Gottesstaaten gebildet!

Die islamischen Gelehrten fanden sich (von Ausnahmen abgesehen) Anfang des 20. Jahrhunderts mit der Moderne zurecht. Im Iran wäre z.B. die Konstitutionelle Revolution (1906) und eine moderne Verfassung, die Reform des Straf– und Zivilrechtes ohne Zustimmung und Mitwirkung der Ayatollahs undenkbar. Noch heute ist das iranische Zivilgesetzbuch eine Mischung aus französischem und islamischem Recht geblieben. Parlamentarismus, Wahlen, Trennung von Gewalten und moderne Institutionen wurde ohne besonderen Widerstand der islamischen Gelehrten durchgesetzt. Dies alles konnte möglich werden, weil es eine lange Tradition der Trennung zwischen weltlicher und göttlicher Macht gegeben hatte.

Die Islamisierung der Politik und Politisierung des Islam sind ein Phänomen der vergangenen 30 Jahre. Wie es zu dieser Entwicklung kam, hat mehr mit Veränderungen in der Weltpolitik zu tun, als mit einem Wandel des Islam selbst.

Ursachen der Islamisierung und islamischer Gewaltbereitschaft sollen politisch-ökonomisch analysiert werden, und wer es nicht will oder kann, sieht die Gewalt als untrennbaren Bestandteil des Islam: schwarz-weiß-Denken ist immer bequemer, als die Konfrontation mit der unbequemen Wahrheit über die Resultate der schief und ungerecht gelaufenen Politik der Großmächte seit ihrer Kolonialisierungs- und Eroberungsherrschaft.

 

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Liebe Leserinnen und Leser,

diese Ausgabe von „Barge Sabz“ widmet sich fast ausschließlich dem Thema Gewalt und Religion.

Leider beschäftigt dieses Thema seit 5 Jahren uns alle fast täglich.

Wir wollen nicht Angst und Unsicherheit schüren, aber der Autor hat als ein Muslim den Eindruck, daß dieses Thema uns noch lange beschäftigen wird, wenn die wirklichen Wurzeln nicht ausgetrocknet werden. Die wirkliche Ursache der islamischmotivierten Gewalt ist nicht der Glaube an einen radikalen Islam, sondern ungelöste reale politisch-ökonomische Probleme. Der Glaube dient als Legitimation und Motivation, und wenn passende Verse im Koran nicht gegeben hätte, hätte man sie erfunden.

Das Neue Testament ruft an keiner Stelle zur Gewalt auf, dennoch geschahen im Namen des Christentums Kreuzzüge, Judenmord und 30 Jahre Krieg unter den Christen selbst.

Mit dem Beitrag „Gewalt und Religionen“ (Seite 7 und 8) will der Verfasser einen Schritt in Richtung Dialog und Verständigung unternehmen und Vorurteile abbauen, ohne Religionen gegeneinander ausspielen zu wollen.

Juden und Christen mögen unbeabsichtigte Fehlinterpretationen ihrer Religion durch  einen unqualifizierten Muslim mit Nachsicht begegnen.

 

Bibel und Gewalt

Zu meiner Studienzeit galt es unter Intellektuellen   nach der Maxime „Basis bestimmt den Überbau“  als „reaktionär“ und „kleinbürgerlich“, wenn man „Ideen“ und „Religionen“ als „Ursache“ für gesellschaftlich-ökonomische und politische Veränderungen ansah. Extreme Positionen sind beliebt und einfach: heute werden umgekehrt  „Gottesbilder“ als eine der wichtigsten Ursachen des politischen Handelns  angesehen. Die schief gelaufene Terrorismus-Debatte über „islamischen Terrorismus“ ist ein aktuelles Beispiel. Es wird kaum darüber debattiert, welche weltpolitischen und wirtschaftlichen Veränderungen der letzten Jahre die islamisch motivierte Gewalt gefördert haben. Es ist eben bequemer den Islamismus als Sündenbock anzuprangern, statt mit der unangenehmen Wahrheit über die zum Himmel schreiende globale Ungerechtigkeit beschäftigt zu werden.

Daß Haß und Gewalt aus dem Wesen des Islam hervorgehe, beherrscht leider nicht nur die Stammtische, sondern  auch von Kirchenführern geäußert. Kardinal Lehmann, der in einem SPIEGEL Interview an einer Stelle sagt: „Religionen sind nicht per se gewalttätig“, sagt  einige Zeilen tiefer über das Verhältnis zwischen Islam und Gewalt: „ Für mich ist eine entscheidende Frage, die an die Wurzel des Islam geht: Wie weit ist dessen Gottesbild mit Kategorien der Gewalt verbunden? Mohammed ist ein Krieger und ein Sieger. Das christliche Kreuz ist im Islam ein Zeichen des Verlierers: Mit einem Gott, der leidet und gar stirbt, können die Muslime nichts anfangen.“ Mit solchen doppeldeutigen Sätzen läßt sich kein gleichberechtigter Dialog der Religionen führen.

Das gemeinsame Menschenbild

In Wirklichkeit haben alle drei abrahamitischen Offenbarungsreligionen (Judentum, Christentum und Islam)  ihren Büchern nach ein gemeinsames Gottesbild, das aus der Schöpfungsgeschichte hervorgeht:

Gott schuf den Menschen als sein Abbild und gab ihm das Paradies als Heimat, die größte Verehrung unter allen Geschöpfen.

Der Mensch wurde aber abtrünnig und aus Paradies vertreiben. Dies ist die Geburtsstunde der Freiheit und Erkenntnis zwischen dem „Bösen“ und „Guten“

Was danach geschieht, ist die ständige Arbeit Gottes durch Strafe und Belohnung, sein Geschöpf ins Paradies zurückbringen, ohne ihm den freien Willen zu nehmen.

Strafe und Belohnung sind feste Bestandteile aller dieser drei Gesetzesreligionen. Wie aber die Strafe und Belohnung durchgeführt und gestaltet werden, war immer abhängig vom jeweiligen Stand der menschlichen Entwicklung, und dies wird auch in Zukunft so blieben.

Fest steht aber das Grundprinzip, daß  Strafe und Gewalt in diesen drei Religionen keinen Selbstzweck bilden, sondern das Instrument eines gerechten Gottes sind, der wie ein besorgter Vater das verlorengegangene Kind zum richtigen Wege führen will. Am Ende finden die „Guten“ den Weg zurück ins Paradies und die Unbelehrbaren landen ins Höllenfeuer! Davon machen alle drei Religionen keinen Abstrich. 

Wie aber die Bestrafung (durch Gott selbst, oder durch Menschen in seinem Auftrag) aussieht, ist in der Religionsgeschichte einem Wandel unterworfen, der eng mit der allgemeinen Menschheitsgeschichte zusammenhängt. Religiöse Strafen und damit göttlich legitimierte Gewaltanwendung gegen die „Bösen“ erfolgten durch Menschen und Institutionen, die sich als Statthalter Gottes verstanden.

Abrahamitische Religionen glauben an Offenbarung.  Was ist aber der feste Bestandteil der Offenbarung, und was ist veränderbar? Diese ist eine der schwierigsten Fragen der Theologie. Ich sehe die Religion als eine private individuelle Sache und darf  die Frage auch ohne Erlaubnis der Theologie beantworten: Der Kern der Offenbarung ist der GLAUBE an das HEILIGE in der Welt. In diesem „heilige“ stecken Transzendenz, Hoffung, Geborgenheit, und ein unbeschreibbarer Glaube daran, von einem höheren Wesen beschützt zu werden. Wichtig dabei ist, daß es sich hierbei um Glauben handelt und aus dem Herzen kommt. Wissenschaftliche Beweisführungen für die Existenz des „Heiligen“ schlugen alle fehl. Ich weiß nicht von wem dieser Satz stammt: „Gott ist die Personifizierung des Unvollstellaren.“ Wer sich einen Gott „vorstellt“, hat diesen Gott selbst nach seinem Abbild geschaffen. Dieser  „Kern der Offenbarung“ (Glaube an das Heilige) wurde als Offenbarung herabgesandt und landete in die Hände von Menschen, Propheten, Theologen, Politiker, Krieger und Friedensstifter. Jeder von ihnen formte und gestaltete nach gegebenen Notwendigkeiten die Masse zu einer Figur und einem Gottesbild.

Die Heiligen Schriften geben dieses Bild am deutlichsten wieder:

 

Judentum und Gewalt

Mit Sicherheit enthält keine andere Religion so viele Gebote und Verbote und folglich auch Sanktionen und Strafen, wie das Judentum. Viele diese Strafen sind aus heutiger Sicht unangemessen und unverständlich. Noch auffälliger  ist das Prinzip der Kollektivschuld im Alten Testament. Jahwe macht mit seiner Strafandrohung zwischen Schuldigen und Unschuldigen, Menschen und Tieren keine Ausnahme macht. Er hat sehr menschliche Züge (Zorn, Reche, Reue) und kann auch traurig sein. Jahwe kann niemals verzeihen, wenn Menschen einen anderen Gott anbeten. Wenn die Bürger einer Stadt dazu verführt werden sollten,  erhält Moses die Anweisung: „Dann sollst du die Bürger dieser Stadt mit scharfem Schwert erschlagen, du sollst an der Stadt und all dem, was darin lebt, auch am Vieh, mit scharfem Schwert die Vernichtungsweihe vollstrecken… Für immer soll sie ein Schutthügel bleiben und nie wieder aufgebaut werden.“ (Dtn: 13, 16-17).

An anderer Stelle greift der Zorn des Herrn die ganze Menschheit:

„Der Herr sah, daß auf der Erde die Schlechtigkeit des Menschen zunahm… Der Herr sagte: Ich will den Menschen  vom Erdboden vertilgen, mit ihm auch das Vieh, die Kriechtiere und die Vögel des Himmels, denn es reut mich, sie gemacht zu haben.“ (Ex: 6, 5-7)

Die „Kollektivbestrafung“ von schuldigen und unbeteiligten Geschöpfen findet sich häufig an verschiedenen Stellen des Alten Testaments. Moses kämpfte hart gegen alle Medianiter mit seiner Armee: „Sie zogen gegen Midian zu Feld … und brachten alle männlichen Personen um .“ (Num: 31,7). Als Moses erfährt, daß die Befehlshaber nicht alle getötet haben, geriet er in Zorn: „… Warum habt ihr alle Frauen am Leben gelassen? gerade sie …haben die Israeliten dazu verführt, vom Herrn abzufallen…  Nun bringt alle männlichen Kinder um und ebenso alle Frauen, die einen Mann schon erkannt und mit einem Mann geschlafen haben.“ (Num: 31,15-17).

Nach dem damals geltenden Prinzip der Sippenhaft werden nachkommende Generationen für die Missetat der Väter verantwortlich gemacht: Jahwe „verfolgt die Schuld der Väter an den Söhnen und Enkeln, an der dritten und vierten Generation.“  (Ex: 34, 7) Dieses „Gerechtigkeitsprinzip“ ist nach dem damaligen Verständnis möglich, obwohl Jahwe „ein barmherziger und gnädiger Gott“ ist (Ex, 34, 6).

Die Bücher von Moses kennen kaum ein Jüngstes Gericht. Strafen und Belohnungen finden sofort und in dieser Welt statt. Eine Frist wird nicht gewährt.  Dies ist eine positive Entwicklung, die im Christentum und Islam ausgereift wird. In diesen Religionen werden die Strafe von vielen Sünden zu „Gottessache“ gemacht und bis zum Jüngsten Gericht vertragt. 

Christentum: wie sich Gnade in Gewalt verwandelt

Jesus bietet in seiner Person und Lehre das direkte Gegenbild des zornigen alttestamentarischen Gottes. Es gibt kaum eine Seite im Neuen Testament, in dem nicht von Gnade, Vergebung und Liebe zu Mitmenschen gesprochen wird. Nicht nur seine Lehre, sondern auch seine Person bildet unter allen  monotheistischen Religionsstifter eine einzigartige Ausnahme. Seine Geburt, seine Wundertaten, seine Kreuzigung und Wiederauferstehung  bleiben für immer einmalig und außergewöhnlich.

Jesus versteht sich als Messias, Heiler, Mahner und Retter ohne Anspruch auf irdischen Erfolg. Er richtet sich gegen die Heuchelei der „Gesetzestreuen“, die heimlich Wein trinken und öffentlich das Wasser predigen.

Seine Sätze in seinem „Prozeß“ vor Pilatus besagten alles über seine Personen und sein Ziel: „Mein Königtum ist nicht von dieser Welt. Wenn es von dieser Welt wäre, würden meine Leute kämpfen, damit ich den Juden nicht ausgeliefert würde. Aber mein Königtum ist nicht von hier.“ (Joh: 18,36) Diese Sätze besagen alles über den Unterschied von Jesus zu Moses und Mohammad.

Auch Jesus verfolgt das gleiche Ziel aller drei arahamitischen Religionen, aber mit anderen Mitteln. Auch er ist von Gott beauftragt, die verlorenen Schafe auf den rechten Weg zu bringen. Er tut dies aber nicht durch Gewaltanwendung.

Dennoch kann sich auch das Christentum nicht vom generellen Prinzip der Strafe und Belohnung freisprechen. Die Haltung Jesu zu „Gesetzen“ ist zweideutig, und man hat den Eindruck, daß entsprechende Äußerungen zu unterschiedlichen Zeiten und Situationen gefallen sind. Einerseits heißt es „Aber eher werden Himmel und Erde vergehen, als das der kleinste Buchstabe im Gesetz wegfällt.“  (Lk: 16, 17). Andererseits sagt er: „Ihr habt gehört, daß gesagt worden ist: Du sollst deinen Nächsten lieben und deinen Feind hassen. Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde und betet für sie, die euch verfolgen…“ (Mt: 5, 43-44)

Es gibt einige Stellen im Neuen Testament, die vom Geist der Bergpredigt abweichen. Der Verfasser hat als einer, der die christliche Theologie und die Bibelexegese nicht kennt, hat einfacher starken Zweifel, ob diese wirklich von Jesus stammen. Muslime müssen an Jesus glauben, und deshalb ist es Tradition, daß in Zweifelsfällen man lieber von „Textänderungen“ ausgeht, zumal die Evangelien nur „Erinnerungen“ an Worte Jesu enthalten, die teilweise 70 Jahre nach seiner Kreuzigung geschrieben wurden.

Was z.B. Jesus als missionarische Verhaltensregel seinen Schülern auf den Weg gibt, widerspricht der Feindesliebe: „Wenn man euch aber in einem Haus oder einer Stadt nicht aufnimmt und eure Worte nicht hören will, dann geht weg und schüttelt den Staub von euren Füßen. Amen, das sage ich euch: Dem Gebiet von Sodom und Gomorrha wird es am Tage des Gerichts nicht so schlimm ergehen, wie dieser Stadt.“ (Mt: 10, 14-15)

Was mit diesen beiden altbiblischen Städten geschah ist bekannt. Wegen Sündenheftigkeit wurden alle Bewohner von der Erdoberfläche getilgt. (Genesis 18 und 19)

Was Jesus an einer anderen Stelle zu Pharisäern und falschen Schriftgelehrten sagt, paßt auch nicht zu seiner friedlichen Persönlichkeit:  „Ihr Nattern, ihr Schlangenbrut! Wie wollt ihr dem Strafgericht der Hölle entrinnen?“ (Mt: 23, 33)

Ein Mensch, der am Kreuz für seine Feinde betet, kann nicht ihnen  „Feuer und Qual“ wünschen: „Wer nicht in mir bleibt, wird wie die Rebe weggeworfen, und er verdorrt. Man sammelt die Reben, wirft sie ins Feuer, und sie verbrennen.“ (Joh: 15, 6) .  Zu seinen Jüngern sagt er “Geht hin in die ganze Welt, und verkündet das Evangelium allen Geschöpfen. Wer glaubt und sich taufen läßt wird gerettet, wer aber nicht glaubt, wird verdammt werden.“ (Mk, 16,16)

Kann man sich vorstellen, daß so ein friedfertiger Mensch seine Gegner als „Unkraut“ bezeichnet? Nach Mathäus-Evangelium werden  nach dem Worten Jesu die Engel  „sie in den Ofen werfen, in dem das Feuer brennt. Dort werden sie heulen und mit den Zähnen knirschen . Dann werden die gerechten im Reich ihres Vaters wie die Sonne leuchten. Wer Ohren hat, der höre!“ (Mt: 13, 42-43)

Die göttliche Bestrafung des „Bösen“ kommt noch deutlicher in der Offenbarung des Johannes zum Ausdruck: Jesus und seine Anhänger kommen nach dem Jüngsten Gericht ins Paradies, der Teufel und seine Anhänger werden ausgerottet: „Aber die Feiglinge und Treulosen, die Befleckten, die Mörder und Unzüchtigen, die Zauberer, Götzendiener und alle Lügner – ihr Los wird der See von brennendem Schwefel sein.“ (Offenbarung: 21, 8) Diese werden etwas später mit „Hunden“ gleichgesetzt. (Offb: 22, 15)

Paulus zeigt schon in der Urgemeinde keine Toleranz gegenüber Ungläubigen: So sagt er in seinem Brief an Titus (Bischof der Insel Kreta) : „… es gibt viele Ungehorsame, Schwätzer und Schwindler … Diese Menschen muß man zum Schweigen bringen… Alle Kreter sind Lügner und faule Bäuche, gefährliche Tiere… Darum weise sie streng zurecht, damit ihr Glaube wieder gesund wird.“ (Tit: 1, 10-14). Paulus warnt seine Brüder vor falschen Lehrern: „Gebt acht auf diese Hunde, gebt acht auf die falschen Lehrer, gebt acht auf die Verschnittenen.“ Mit „Verschnittenen“ sind die Juden gemeint (Beschneidung).  (Phil: 3,  2) Über diese Juden heißt es pauschal in seinem 1. Brief an Thessalonicher: „Diese haben sogar Jesus, den Herrn, und die Propheten getötet; auch uns haben sie verfolgt. Sie mißfallen Gott und sind Feinde aller Menschen.“ (1 Thess: 2,15)

Es gab in der Geschichte des Christentums immer wieder Mächte, die aus der „Masse der Offenbarung“ nach jeweiligen Notwendigkeiten Gewaltfiguren bastelten. Obwohl Jesus nie zur Gewalt aufrief, blieb aber das Prinzip der göttlichen Bestrafung bestehen. Es genügte nur, wenn Päpste und Krieger sich ale Stellvertreter verstanden. In diesem Punkt unterscheiden sich Religionen kaum von einander. So konnten im Namen des Christentums Inquisitionsprozesse, Kreuzzüge und andere Unmenschlichkeiten geschehen. Schon der Kirchenvater Augustinus legitimierte die Gewalt zur Bekehrung von Ungläubigen. Die christlichen Kreuzfahrer wateten auf ihren Weg zum „Heiligen Land“ durch ein Meer von Blut der von ihnen erschlagenen Juden und Muslime.

Über Jahrhunderte herrschte in Europa das Dogma, das Christentum sei die einzige Religion überhaupt, und es dauerte Jahrhunderte bis Vatikan auch Nichtkatholiken als Christen anerkannte.

Sogar der große Reformator Martin Luther schreibt im „Großem Katechismus: „was außer der Christenheit ist, es seien Heiden, Türken, Juden oder falsche Christen … in ewigem Zorn und Verdammnis bleiben“.

Die Anerkennung des Islam als eine Religion geht auf das 19. Jahrhundert zurück. Dafür wurde aber die meiste Arbeit von Aufklärern  geleistet (Lessing: Nathan der Waise). Die Kirche paßte sich dieser Entwicklung nur allmählich an.

Die aufgeklärten christlichen von heute Gelehrten gehen mit gewaltversherrlichen Stellen der Bibel sehr behutsam um und unterscheiden mit „historisch-kritischer Methode“ zwischen dem Kern der christlichen Verkündung (Bergpredigt) und zeitlich bedingten Bemerkungen. Dieser Umgang mit dem Koran steckt aber noch in Kinderschuhen.

 

Todesstrafe und Steinigung im Alten Testament

Heute gehört es zu Selbstverständlichkeiten durch „Koranzitate“ den Islam mit Mord, Gewalt, Steinigung und Grausamkeiten in Verbindung zu bringen. In der Tat werden die grausamen Strafen im Koran auf ein Mindestmaß reduziert (s. Islam und Gewalt). Wenn im folgenden Gewaltbeispiele aus der Bibel zitiert werden, so geschieht dies mit dem Ziel zu zeigen, was das Judentum und Christentum überwunden haben. Diese Strafen und Gewaltaufforderungen geben nur den Entwicklungsstand der Menschheit zur Entstehungszeit dieser Religionen wieder.

Fluch Gottes: „Führe den Flucher hinaus vor das Lager … und laß die ganze Gemeinde ihn steinigen.“ [Lev: 24,14]

Erschütterung des Glaubens: „Man soll ihn zu Tode steinigen, denn er hat dich abbringen wollen von dem HERRN, deinem Gott, der dich aus Ägyptenland, aus der Knechtschaft, geführt hat.“ [Dtn:13,11]

Tod den Sonnenanbetern: „… so sollst du den Mann oder die Frau, die eine solche Übeltat begangen haben, hinausführen zu deinem Tor und sollst sie zu Tode steinigen. [Dtn:17,5]

Geschlechtsverkehr mit Tieren: Wer einem Vieh beiwohnt, der soll des Todes sterben. [Ex: 22,18] .Wenn eine Frau sich irgendeinem Tier naht, um mit ihm Umgang zu haben, so sollst du sie töten und das Tier [Lev:20,16] auch 20,15]

Ehebruch: Wenn jemand die Ehe bricht mit der Frau seines Nächsten, so sollen beide des Todes sterben, Ehebrecher und Ehebrecherin, weil er mit der Frau seines Nächsten die Ehe gebrochen hat [Lev: :20, 10]

Geschlechtsverkehr mit einer menstruierenden Frau: „so sollen beide aus ihrem Volk ausgerottet werden.“ (Lev: 20, 18]

Verbrennung der Tochter eines Priesters wegen Hurerei: „Wenn sich die Tochter eines Priesters als Dirne entweiht … sie soll im Feuer verbrant werden.“ [Lev:21,9]

Bestrafung einer Frau, die sich in der Hochzeitsnacht nicht als Jungfrau erweist: „… so soll man sie heraus vor die Tür des Hauses ihres Vaters führen, und die Leute der Stadt sollen sie zu Tode steinigen, weil sie eine Schandtat in Israel begangen und in ihres Vaters Hause Hurerei getrieben hat… Dtn: 22, 21“

Wenn eine Jungfrau in der Stadt vergewaltigt wird, aber nicht schreit, soll gesteinigt werden.  „… so sollt ihr sie alle beide zum Stadttor hinausführen und sollt sie beide steinigen, daß sie sterben, die Jungfrau, weil sie nicht geschrieen hat, obwohl sie doch in der Stadt war, [Dtn: 22,24]

Fluch oder Schlagen der Eltern wird mit Tode bestraft: Lev: 20,9] / Ex: 21,17 / Lev: 20,9 / Ex: 21,15

Zauberei: Die Zauberinnen sollst du nicht am Leben lassen. [Ex: 22,17]

 

 

 

 

 

 

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Hadi Resasade

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